Wahre Strahlerfreundschaft, die auch den Bruch einer Hand überlebt

Markus Hunziker Pfäffikon ZH

Der Samstag, der 4. Oktober 2012 war einer dieser Tage, die mich immer wieder mit Glück erfüllen: Stahlblauer Himmel, angenehme Temperaturen auf dem Furkapass, die Gletscher ausgeapert und blank - beste Voraussetzungen zum Entdecken neuer Klüfte an den Gletscherrändern. Nach zwei Stunden Aufstieg waren wir am Ort unserer Suche angelangt. Einige Stunden erfolgloses Spitzen und Graben gingen vorbei. Am späteren Nachmittag ging ich etwas weiter den Gletscherrand entlang. Plötzlich stand ich vor einem Gneisblock mit spannenden Kluftanzeichen. Klar war aber auch, dass da beinharte Arbeit gefragt war. Der Tag war schon fortgeschritten und es blieb wenig Zeit. So versuchte ich, im etwas weicheren Gestein die Zerrkluft seitlich anzuspitzen. Nach einer halben Stunde Spitzarbeit ging die Kluft auf und als ersten Kristall konnte ich einen grösseren "Zinggen" herausziehen. Weitere kleinere, glasklare und leicht rauchige Einzelkristalle und kleinere Grüppchen folgten. Am Abend stiegen wir mit gefüllten Rucksäcken ab, im Wissen, dass wir im nächsten Jahr hier sicher weiterarbeiten wollten.

Gute Kluftanzeichen

Ein erster Rauchquarzzapfen (Oktober 2012)

Knapp ein Jahr später Ende August 2013 war der Schnee wieder soweit abgeschmolzen, dass eine Weiterarbeit denkbar war. Zu dritt stiegen wir auf und hatten diesmal auch Ponciottis, einen Akkubohrer und einen Vorschlaghammer dabei. Wir begannen den Fels von oben zu spalten, um den ganzen Kluftraum von oben freizulegen. Ich bohrte ein erstes Loch, legte den Ponciotti ein und mein Freund, Andy Weiss, trieb den Keil mit dem Vorschlaghammer hinein. Im Felsblock zeigte sich ein Riss, sodass wir einen grösseren Treibkeil ansetzen konnten.

Die vielversprechende Stelle wird bearbeitet

Ich hielt diesen mit der rechten Hand, bis er zu ziehen begann und der "treffsicherere" Andy schlug mit dem Vorschlaghammer. Leider rutschte Andy während des Schlages aus und der Vorschlaghammer traf anstelle des Keils meine rechte Hand. Der Schmerz liess mich taumeln. Zum Glück war der Gletscher nahe, wo ich ein grosses Stück Eis holte. Die Kühlung der Hand verminderte die Schmerzen etwas.
An weitere Arbeit meinerseits war nicht mehr zu denken. So stand ich wie der Polier auf der Baustelle, war primär mit der Kühlung meiner Hand durch Gletschereis beschäftigt und gab Anweisungen, was zu tun war. Wir legten den ganzen Kluftraum frei und am Abend trugen wir wieder tolle Einzelspitzen und Stufen nach Hause. Ich fotografierte die Hand, da ich beeindruckt war, wie stark sie trotz Gletscher-Cold-Pack anschwellen konnte. Am Samstag ging ich trotzdem zum Arzt, der feststellte, dass die Mittelhandknochen gebrochen und zwei Gelenkkapseln zertrümmert waren.

                                 Das schmerzt: die gebrochene rechte ist trotz sofortiger Kühlung stark angeschwollen.

Am Sonntag in der Kirche berichtete ich dann Andy vom Befund und umarmte ihn kurz, als er sich entschuldigen wollte. Er ist nach wie vor einer meiner besten Freunde. Seit diesem Unglück gilt für mich das Motto: "Wahre Freundschaft zeigt sich darin, dass dir jemand die Hand brechen kann und dann immer noch dein Freund ist!" In den Folgewochen war ich im Schreiben im Zehnfingersystem etwas behindert. Mein Chef meinte im Scherz, dass bei Sozialwissenschaftlern, die viel schreiben müssen, zu überlegen wäre, ob das Hobby Strahler bei der Personalselektion nicht eines der Ausschlusskriterien sein müsste .

Zu dritt strahlen wir seither immer wieder an dieser Stelle. Wir konnten in unmittelbarer Nähe zwei weitere Klüfte öffnen. Eine Stelle, an der mir bewusst war, dass sie tagelange Abbauarbeit bedingen würde, schaute ich immer wieder prüfend an. Mir fehlten aber Mut und Energie, dies anzupacken.

Im Sommer 2016 rangen wir uns dann zu dieser Aktion durch. Wir trugen ein Werkzeugfass und diverses schweres Werkzeug nach oben. Fünf Tage spalteten wir Felsen und bauten Tonnen von Gestein ab. Die Kluft liess auf sich warten, die Kluftzeichen blieben aber gut. Eine erste kleinere Kluft ergab dann hochglänzende und glasklare helle Rauchquarze bis 12 cm Länge. Am 2. Oktober 2016 entschieden wir uns für eine letzte Tour und wollten gleichzeitig die Kluft einwintern. Wir bauten nochmals etwas Fels ab. Als ich mich kurz vor Arbeitsschluss bückte, um die Öffnung zu begutachten, entdeckte ich einen kleinen Riss. Ich erweiterte diesen und plötzlich war eine ca. 50 cm breite Kluft frei, deren Decke ganz mit bis zu 12 cm langen Spitzen bewachsen und der Hohlraum mit Schwimmern gefüllt war.
Es scheint mein Schicksal zu sein, dass die guten Funde vor Saisonschluss und an späten Nachmittagen fällig werden. Unsere Akkus waren praktisch leer. So entschlossen wir uns, noch einige wenige Stufen abzubauen und die Kluft zu verschliessen, um im nächsten Jahr weiterzuarbeiten. Nach der Reinigung stellten wir erfreut fest, dass die Stufen völlig unbeschädigt und von ausgezeichneter Qualität waren.

Die perfekt ausgebildete Kluftdecke wartet auf die Bergung.

Teil der Kluftdecke, frisch geborgen

Für den Sommer 2017 setzten wir uns das Ziel, möglichst grosse Gruppen abzutragen. Da der Juni sehr heiss war, konnten wir ab Mitte Juli an dieser Stelle arbeiten. Sorgfältig legten wir rund um die Kristalle den Fels frei, erweiterten die Öffnung und bohrten ganze Lochreihen, um im stark geschieferten Gneis möglichst grosse Platten abzuspalten. Während der Vorarbeiten, die sich über einige Tage und drei Wochen hinzogen, hofften wir, dass sich alle Besucher der Kluft an den Ehrenkodex halten und nichts mitnehmen würde. Dies war der Fall. An unseren Bildern der mit Steinen verdeckten Kluftöffnung war erkennbar, dass Strahlerkameraden die Kluft besucht, jeweils freigelegt und vermutlich auch hineingeschaut hatten. Die Kluftdecke blieb aber unbeschädigt und es ist mir wichtig, hier festzuhalten, dass ich immer wieder begeistert bin von der Ehrlichkeit und Integrität der Schweizer Strahlerinnen und Strahler. Dies ist für mich keine Selbstverständlichkeit.

Der Stand der Arbeiten an der Kluft im Sommer 2017. Viel Gestein musste abgebaut werden.

Im Verlaufe des Septembers konnten wir dann den ganzen Kluftraum ausbeuten und eine ganze Anzahl tolle Stufen mit sehr wilden Formationen von wunderschön gruppierten Kristallen nach Hause tragen. Daneben ernteten wir auch viele kleinere Grüppchen und Einzelspitzen bis zu 20 cm Länge. Interessanterweise befanden sich vorderen Teil der Kluft leicht rauchige Kristalle und im hinteren Bereich wasserhelle. Zwei Meter oberhalb des Kluftraums stiessen wir beim Abbau zudem auf einen kleineren Hohlraum, in welchem helle Phantomquarze bis 25 cm Länge mit gutem Glanz zum Vorschein kamen.

Der Autor mit einem grossen Rauchquarzspitz.

Frisch geborgene Stufe von der Decke.

Ende 2017 war der Kluftraum leer. Eine weitere grössere Abbauaktion steht an, da wir etwa einen guten Meter weiter hinten eine neue Kluft vermuten. Vorfreude gehört zu den schönsten Freuden und es bleibt also noch etwas zu tun!

Ein 17 cm grosses Aggregat mit Phantomquarz.

Markus Hunziker wohnt in Pfäffikon ZH. Er ist Sozialwissenschaftler, leitet aktuell ein Alters- und Pflegeheim und ist begeisterter Strahler, Grossvater und Hobby-Winzer.

Dieser Erlebnisbericht wurde in der Zeitschrift "Minereralienfreund" Ausgabe 01 / 2018 publiziert. Veröffentlichung mit freundlicher Erlaubnis des Verfassers.


    Rosafarbene Apatite vom Hintertal,       Calanda GR

Richard Meyer Wetzikon ZH

Im Frühling 2007 fanden Strahlerfreunde und ich an einer längst bekannten und dementsprechend gut abgesuchten Stelle Bergkristall-Adulargruppen mit schönen rosa Apatiten.

Diese Entdeckung bestätigt uns einmal mehr, dass mit Glück, guter Beobachtung und Hartnäckigkeit an scheinbar ausgebeuteten Stellen immer noch schöne Funde möglich sind.

Beim Studieren des Standardwerkes von Parker et al. (1973) war mir wiederholt die Lokalität Hintertal in der Gemeinde Untervaz GR aufgefallen-einer der wenigen Orte, an denen heute das Strahlen am Calanda nicht verboten ist.

Meine Neugierde war geweckt und so begleitete mich im Frühling 1998 mein Strahlergötti Manfred zum ersten Mal an die Fundstelle, an der in den siebziger Jahren bereits sein Vater schöne Bergkristalle finden konnte.

Anfängerglück

Die Fundstelle umfasst einen kleinen, rund 20 Meter grossen Aufschluss im Sandkalk und ist schon von weitem aufgrund einer grossen Schutthalde auszumachen. Vor Ort stellte sich Ernüchterung ein: Um an die fündigen Quarzbänder zu gelangen, wurde früher massiv Fels abgebaut, vermutlich auch gesprengt. So sind praktisch keine vielversprechenden Felspartien mehr übrig, an denen wir unsere Meissel ansetzen konnten. Mit viel Fleiss gelang es uns dennoch, ein paar Bergkristallspitzchen zu bergen.

Parker et al. beschreiben Bergkristall, Brookit, rosa Apatit und Anatas. Daher suchte ich die Halde ab und fand tatsächlich eine schöne Handstufe mit Brookiten: Anfängerglück! Meine Freude ist gross, auch Manfred staunt! Die gut 1 cm grossen Kristalle sind im Laufe der Zeit aus einer limonitisierten Masse herausgewittert und grösstenteils unversehrt. Dank dieser Verpackung wurden sie vermutlich übersehen und überlebten den jahrzehntelangen Aufenthalt im Geröll.

Durststrecke

Motiviert durch diesen Fund kehrte ich in den folgenden Jahren immer mal wieder ins Hintertal zurück. Weitere Funde bleiben aber aus. Einzig der Nachweis von winzigen, schwarzen Anatasen und verblassten, gelblichen Apatiten sind aus der Halde möglich.

Proviantsack sei Dank

Im Frühling 2006 besuchten Michi und ich wieder die Fundstelle. Dieses Mal hatte ich die Rolle des Strahlergöttis inne. Mittlerweilen ist es schwierig geworden auch nur ein Quarzspitzchen zu finden. Wir genossen daher vor allem die tolle Aussicht und die Sonne.

Beim Mittagessen machte sich mein Proviantsack selbständig und rollte das Wiesenbord hinunter. Murrend holte ich den Sack. Beim Rückweg fiel mir zwischen den Grashalmen ein kleiner Bergkristall auf. Sofort sind meine Sinne wieder hellwach. Woher kommt er? Ist er von den bearbeiteten Felsen hierher gerutscht? Nein, das ist nicht möglich, diese Stelle liegt nicht in der Falllinie. Ich holte mein Werkzeug und begann zu graben. Kaum waren die ersten Rasenziegel abgedeckt, zeigte sich ein schön kristallisiertes, ca. 10 cm breites Quarzband. Eifrig gruben wir nun gemeinsam das Band auf einer Länge von zwei Metern aus. Trotz der vielversprechenden Kristallisation fanden wir leider nur kleine Klufttaschen im Band, in denen aber die ganze von Parker et al. beschriebene Paragenese an Mineralien vorhanden ist: Kleine, schöne Anatase bis knapp 3 mm, Nachweise von rosafarbenen Apatiten und Brookit, sowie ein hochglänzendes Grüppchen mit, durch Chlorit grün gefärbten, Bergkristall.

Auf dem Weg zur Fundstelle

Weitere Kristalle unter dem Gras

Im Spätherbst 2006 war ich erneut, dieses Mal mit Remo an der Stelle. Wir wollten prüfen, ob der Regen noch etwas aus dem Kluftabraum vom Frühlingsfund herausgespült hat. Dabei fiel uns auf, dass das ausgegrabene Band eine unscheinbare, kleine Terrasse im Wiesenbord bildet. Vier Meter weiter unten entdeckten wir nochmals die gleiche Geländeausprägung. Wir gruben dort und fanden tatsächlich wiederum ein Band! Auch dieses ist gut kristallisiert, enthält wiederum nur kleine Taschen, die aber regelmässig kleine rosa Apatite auf Quarz enthalten! Ist da aber nicht zwei Meter weiter oben nochmals ein leichter Knick im Hang?

Aller guten Dinge sind drei

Im Frühling 2007 waren wir zu dritt zurück. Unsere Beobachtung vom Vorjahr erwies sich als richtig! Wieder fanden wir ein Quarzband! Nach einer Stunde stossen wir auf eine verheissungsvolle Kluft. Unsere Freude ist gross: Obwohl die Kluft voller Lehm ist, können wir schon beim Bergen der besten Schwimmerstufe zwischen den Quarzspitzen und Adularen einen grossen Rosa-Apatit ausmachen. Was für eine tolle Gruppe! Es handelt sich um eine rund 16 cm grosse, rundherum kristallisierte Schwimmerstufe aus hellen, unversehrten Bergkristallen, die von weissen Adularen übersät sind. Dazwischen stecken kleine bis 8 mm grosse, rosafarbene Apatite. Und nicht genug, die Kluft schenkt uns noch eine zweite, mit unzähligen kleineren Apatiten bestückte, schöne Sammlungsstufe.

Schwimmerstück: Rosa Apatit auf Quarz mit Adular xx, 16 cm (Sammlung und Foto: Thomas Schüpbach)

Ausschnitt Schwimmerstück (Sammlung Richard Meyer)

Viele Klüfte

Seit diesem Fund kehrten wir sporadisch mit verschiedenen, interessierten und befreundeten Strahlern ins Hintertal zurück. Dabei gelang es immer wieder, mit genügend Grab- und Spitz-Einsatz Klüfte zu öffnen. Es zeigte sich, dass die Klüfte zwar relativ häufig und bilderbuchmässig vorkommen, deren Inhalt aber dann leider oft ein bisschen enttäuschend ausfällt. Die Quarze können durchaus Grössen über 10 cm erreichen, sind dann aber meist etwas milchig. Oft sind die Quarze auch durch Calcit wachstumsbehindert und matt. Schöner Apatit tritt regelmässig auf, ein guter Hinweis dafür ist das Vorhandensein von Kluftchlorit. Viel seltener zu finden sind schöne Anatase, die bis 4 mm gross werden und auch stumpfpyramidal ausgebildet sein können. Bei den Brookiten gelang es uns bis jetzt leider nicht weitere Sammlungsstufen zu bergen.

Blick von der Fundstelle richtung Rheintal

Unscheinbar unter dem Gras

Typische Kluft

Blick in die Kluft mit der besten, noch lehmigen Stufe

Bergfrische Stufe mit rosa Apatit

Nicht farbecht

Wer nun motiviert durch diesen Fundbericht selber sein Glück versuchen will, soll doch beachten, dass die rosa Farbe der Apatite am Sonnenlicht schnell verblasst. Es empfiehlt sich daher, die Fundstücke in einer Schublade aufzubewahren, um deren Schönheit möglichst lang zu erhalten und sich daran freuen zu können.

Gemäss Bächtiger (1966) liegt die Fundstelle im rötlichen Glaukonitsandstein und wird von Parker et al. (1973) gut beschrieben. Es können die drei Titandioxidmodifikationen Anatas, Brookit und Rutil gefunden werden. Die Paragenese umfasst zusätzlich die Mineralien Quarz, Calcit, Adular, Apatit, Siderit, Chlorit und Limonit.

Ausschnitt Schwimmerstück (Sammlung Richard Meyer)

Literaturhinweise:

Bächtiger, K. (1966): Anatas, Brookit und Adular aus der mittleren Kreide des Haldensteiner Calanda. Verhandlungen der Schweizerischen Naturforschenden Gesellschafft 146, S. 148 - 149

Parker et al. (1973): Die Mineralienfunde der Schweizer Alpen, Neubearbeitung durch H.A. Stalder, F. de Quervain, E. Niggli, St. Graeser, Basel Wepf & Co, S. 353

Dieser Erlebnisbericht wurde in der Zeitschrift "Schweizer Strahler" Ausgabe 01 / 2017 publiziert. Veröffentlichung mit freundlicher Erlaubnis des Verfassers.


Auf geht's nach St.Niklaus!

Martin Waldmeier Grossdietwil LU

Ein paar schöne Frühlingstage standen auf dem Wetterprogramm. Ich hatte die Gelegenheit, meine Ferienwoche mit ein paar Brückentagen bis über Auffahrt zu verlängern. So verabredete ich mit Thomas - meinem Strahlerkollegen - und dessen Sohn Joel in St. Niklaus. Da Thomas erst am Mittwochabend eintreffen konnte, fuhr ich trotz allem schon um 10 Uhr von Grossdietwil los. Ich wollte, ohne es eilig zu haben, das Mattertal bzw. Grächen besichtigen. Ausser einigen schönen alten Gebäuden und Meiensässen fand ich den Ortskern eher steril und aufgepeppt. Umso herrlicher waren die Berge, die Grächen etwas hervorhoben, auf seiner flachen Bergterasse. Gleich fiel mir auch ein markanter Steinbruch ins Auge. Jener lag auf der westlichen Talseite und leicht tiefer als Grächen. Noch ahnte ich nicht, dass wir dort einige hübsche Kristalle finden würden. Wettermässig war der Himmel mal sonnig, mal wolkig, oder anders ausgedrückt: Ehe ich Thomas und Sohn Joel um 18. Uhr traf, durchstreifte ich St. Niklaus und fotografierte einige hübsche Winkel. So verging die Zeit im Fluge. Endlich, Punkt 18 Uhr, fuhr Thomas auf den Hotelparkplatz, der ausserhalb und südlich von St. Niklaus lag. Einer freudigen Begrüssung folgte schon bald der Zimmerbezug. Anschliessend wollten wir irgendwo in St. Niklaus etwas Kleines zu uns nehmen. Doch an guten Beizen mangelt es in St. Niklaus. So beschlossen wir, im hoteleigenen Restaurant etwas zu bestellen. Abends, nach dem Essen, fuhren wir kurz nach Grächen hoch. Die Strasse schien bis oben in grosszügiger Art verbreitert zu sein. Natürlich dachte ich nicht daran, meine Jacke mit zu nehmen, es war ja angenehm warm. Doch in Grächen pfiff ein anderer Wind. Thomas bemerkte wohl, dass es mich etwas fröstelte und gab mir grosszügig sein Gilet. So wurde beratschlagt, wo und an welchem Punkt wir am nächsten Tag unsere Fäustel und Meissel ansetzen wollten. Schlussendlich fiel der Entscheid, den alten Steinbruch, der gegenüber liegenden Talseite zu besuchen.

Wir nahmen mein Auto, da dies nicht allzu gross für die engen Haarnadelkurven war und man bequem bis fast vor die Grube fahren konnte. Nun stiegen die Spannung und die Hoffnung, etwas kleines zu finden. Seltene Schmetterlinge und Blumen wurden fotografiert.

Seltener Schmetterling

  So verteilten wir uns am rechten Felshang, der schrundig und spaltig schien. Es schien von vornherein klar, dass das Mattertal keine allzu grossen Kristalle verbarg. Thomas sagte, ich solle es gleich hier mal versuchen, er gehe noch etwas weiter. Sein Sohn war etwa 5 bis 8 m links neben mir und liess den Fäustel sausen. So erschallte ein Klopfen und Hämmern. Meine senkrechte Felsspalte liess sich mit Ach und Krach erweitern. Und siehe da!! Einige kleine Quarzgrüppchen und einige Stüfchen auf dem grünen Muttergestein kamen zum Vorschein! Ziemlich unansehlich waren alle mit einem Kalksinterbelag überzogen. So war an eine stationäre Reinigung nicht zu denken. Zumal es noch fragilere Mineralien beherbergen konnte, die mit Schrubben und Bürsten für immer beschädigt oder weggeputzt werden konnten. Mit Vorsicht griff ich in die Spalte und fischte lose eine Kleinstufe, die unter ihrer Verkrustung schon ästhetisch vielversprechend schön aussah. Jippheee!!!!

«Thomas» rief ich «ich bin fündig geworden! Da, schau!» Thomas kam und teilte meine grosse Freude.

Es ging nicht lange, und sein Sohn Joel hatte auch das Glück, einen Quarzspitz und noch einige kleinere Grüppchen zu finden. So blieb ich emsig an meiner Spalte kleben und fingerte einige mit kleinen Kristallgrüppchen belegte Matrixsteine hervor. Die Stufen waren nur knapp handlang. Die Grösse der Kristallspitzen mass zwischen 2 bis 10 mm. Und plötzlich hatte ich «Weihnachten»! Auf einer Stufe befand sich (auch unter einer Sinterkruste) ein gut ausgebildeter Doppelspitz von ca. 1,5 x 3 cm und viele kleinere Doppelender lagen verteilt auf der Matrixfläche.

Nun waren wir heftig mit Abspitzen beschäftigt. Auch die Zeit raste nur so dahin! Schlussendlich stiegen wir noch zum grossen Steinbruch - die von uns bearbeiteten Spalten waren ja auf dem Weg, der zum Bruch führt - fanden aber keine Kluft oder Quarzanzeichen mehr.

Wir brachen auf, um noch etwas neues zu finden, was - wie gesagt - im Mattertal ziemlich spärlich gestreut ist. Alles verpackt, fuhren wir wieder talwärts.

Unten an der Strasse, etwas weiter talwärts, rauchte ein kleiner Bach, dessen Wasserfassung leicht zu überschreiten war, daher machten wir einen kurzen Abstecher dem Bach entlang. Doch leider war nichts zu finden. So kraxelten wir noch etwas höher durch Wald und Sträucher, denn Thomas wusste auch dort eine Fundstelle mit seltenen Mineralien, die eben nur an diesem Fundort zu finden waren. Joel, sein Sohn, machte sich an einer anderen Stelle zu schaffen. Hier musste ich passen, fand ich doch persönlich nichts, was aber meiner Neugierde keinen Abbruch tat.

Zurück im Hotel La Reserve bekamen wir Bescheid, das wir nur für zwei Nächte hier bleiben konnten, da eine grössere Gesellschaft noch unterwegs war. Thomas und ich beratschlagten uns, wohin wir fahren sollten. Simplon? St. Bernhard? Nein, da läge noch zu viel Schnee rum. So kam mir die Idee, ins Lötschental zu fahren! Thomas und Joel waren sogleich mit meiner Idee einverstanden. So verabschiedeten wir uns vom Hotelwirt und bedankten uns für die Prozente. Ich schlug Thomas vor, da ich schon zwei Mal auf der Faldumalp war, auf eben dieselbe zu fahren, Nun mussten wir, da es sich um eine Privatstrasse handelte, in Ferden ins Parkhaus fahren und eine Fahrbewilligung und einen Parkschein lösen. Gesagt, getan! So fuhren wir mit meinem Auto (da kleiner) hinauf zur Faldumalp und noch etwas weiter, wo wir des noch etlichen Schnees wegen Halt machen mussten.

Auf der Faldumalp

Gleich waren wir marsch- und kraxelbereit. Steil querten wir den holprigen Hang hinauf. Während ich prustend und keuchend wie eine alte Dampflok aufstieg, erwähnte Thomas, dass ich noch recht fit sei. Nun ja wie man's nimmt. Ich stand ja schon fast vor meinem 60. Geburtstag. Wohl ist es kaum mehr möglich, dass ich mich wie 30 fühle.

Aber ist erst mal eine Kluft in greifbare Nähe gerückt, verjüngt sich auf wundersame Art und Weise mein ausgelaugter Körper! So gingen wir noch eine weile bergauf. Die Schneeflächen wurden häufiger, so dass wir vernünftigerweise den Rückweg unter die Füsse nahmen.

früh nachmittags war, entschlossen wir uns, die zweite Tageshälfte ins Lötschental zu fahren. So fuhren wir ein Stück weiter bis Blatten.

Thomas wusste, wo's etwas zu finden gäbe wie Quarz, Adular und Amiant. Dessen Fundgebiet war rechterhand ein grosser Schuttkegel, dessen «Altlasten» in der oberen hälfte noch holperig in der vorsommerlichen Wärme dahinschmolzen. Man sah schon von weitem die fortgeschrittenen Arbeiten der Lawinenregulierung. Links und rechts des Lawinenkanals sind hohe Mauern aus grossen Felsblöcken aufeinander getürmt. Der Grund des Lawinenkanals ist auch mit grossen Felsblöcken gut ausstaffiert, auf denen man problemlos gehen kann. Thomas wollte so weit hinauf, wie er konnte.

Joel, sein Sohn, blieb an einem grossen Felsblock haften, der, wie's den ersten Anschein machte, mit 1 bis 1,5 cm grossen Rissen durchzogen war, die mit Amiant, kleinen Quarzen, und einer Menge der vielfältigsten Adulartürmchen übersät waren. Doch zuerst wollte ich Thomas nachstapfen, der schon ganz hinten den Altschnee überschritten und den feuchten Fels- und Schotterhang erstiegen hatte. Ich rief ihm zu, ob er schon etwas gefunden habe. Nichts. Weiter oben ging's eh nicht. Also zurück. Joel hämmerte und hämmerte an den Amiantrissen herum und hatte auch kleine Erfolge. Joels Arm wollte nicht mehr und zog sich für eine Gamepause zurück.

So versuchte auch ich mein Glück und hämmerte mal da, mal dort, in der Hoffnung, die Amiantspälten täten sich noch etwas auf. So konnte ich hin und wieder einige Matrixstücke vorsichtig wegspitzen, auf denen jene zierlichen Adulartürmchen aus dem Amiant keck hervor guckten. Auch hier war eine örtliche Reinigung ausgeschlossen. Vorsichtig wickelte ich meine Kleinode in Papiertaschentücher und Rollenpapier ein.

Adular Lötschental (Foto: Walter Gabriel)

Epidot Lötschental (Foto: Walter Gabriel)

Der mittlere Nachmittag rückte näher. Wir mussten uns noch ein günstiges Hotel suchen. Doch das schien eher schwer zu sein als leicht! Da es noch keine Saison war, müsste doch etwas preisgünstiges aufzugabeln sein! Thomas wollte noch auf der Rückfahrt einen kurzen halt an der Lonza machen. So gingen wir dem Wildwasser entlang und nahmen mit dem Feldstecher, den ich mitgenommen hatte, das gegenüber liegende Felsufer in Augenschein. Tatsächlich entdeckten wir eine alte, ausgeräumte Kluft. Ich versuchte jene Kluft mit der Kamera so nah wie möglich zu zoomen. Es hatte den Anschein, als hafteten an der Kluftdecke (wohl stark chloritisierte) Kristalle, die es wohl nicht mehr wert waren, weggespitzt zu werden.

Kluftreiche Zone am Ufer der Lonza

Da wir auf der falschen Seite der Lonza standen, um jene Kluft aus nächster nähe zu betrachten, mussten wir wohl oder übel Abschied nehmen.

Der späte Nachmittag schritt nun wacker voran. Wir hatten nun genug und wollten nur noch eine schlichte und saubere Unterkunft! Nur eben, wo? Das Lötschental schien nicht gesegnet zu sein mit schlichten Hotels. In Blatten war das erste Hotel noch geschlossen. Weiter zu Hotel Nr. 2 . Wir traten ein. Schummrig war's und muffige alte Luft stieg uns in die Nase. Uns wurden die Zimmer gezeigt.

Wie viel sollen sie kosten? Einer- und Zweierzimmer zwischen 98 und 110 Franken. Phuuu! Die Hotelbesitzer schienen nicht besonders interessiert zu sein, einen Zwischensaisonpreis zu gewähren. Wir empfahlen uns und fuhren weiter. In Ferden - die letzte Chance! Noch ein Hotel. Doch innen konnte von Hotel keine Rede mehr sein! Schon unten in der «Reception» (Bar) mutete es eher wie eine Spelunke an, als wie ein sauberes und schlichtes Hotel! An der Bar sassen uns standen einige Arbeiter, die schon ziemlich einen intus hatten. Prost! Der Hotelier, der eher einem Strassenarbeiter glich, war wohl Vater einer - wie sich im 1. Stock zeigte - grossen Kinderschar. Denn man musste halbwegs über zwanzig paar Kinderschuhe, nebst Erwachsenenschuhen, steigen! Jener «Hotelier» hatte eine - wohl neu angestellte - «Fachfrau» die uns die Zimmer zeigen musste und vorne und hinten nicht draus kam. So wurde uns erst ein «Zimmer» gezeigt, an welchem sich die Tür kaum öffnen liess und das einer Besenkammer verblüffend ähnlich sah! Und... wieviel?...85 Fr. Ich dachte: Für diese Besenkammer! Thomas hatte auch sein Zimmer angeschaut. Danke, wir überlegen es uns noch mal. Auf Wiedersehen!

Lötschentaler Gastfreundschaft?

Wir liessen unserer Entrüstung freien Lauf. Ab ins Rhonetal! Vielleicht finden wir unten etwas, was uns zusagt! Endlich! Nach langer Odyssee und Suche fanden wir eine Bleibe! So fing es schon zügig an zu dunkeln. Wo landeten wir schliesslich? In Mörel. Einer der interessantesten Orte im Goms. Auf der rechten Seite der Strasse durch Mörel stand unser Hotel. Nichts wie rein! Schliesslich war es schon 20 Uhr! Wir hatten einen Heisshunger. Doch die schon späte Abendmahlzeit rächte sich bei mir mit einer Magenverstimmung! Bratwurst und Rösti und ein gemischter Salat. Das war zu viel des Guten! Nach dem Abendessen gingen wir noch ein paar Schritte zum interessantesten Punkt in Mörel. Werner Schmids Haus, das mit den schönsten Kristallen und Mineralien war! Für uns war klar, das wir anderntags Werners Laden in Augenschein nehmen mussten. Der Hotelbetrieb war lebhaft und schlicht. An Forderungen war nicht mehr zu denken. Hauptsache ein sauberes Bett und Nachtruhe. Ja, wie gesagt, ich hätte mir lieber nur einen gemischten Salat, an Stelle von Rösti und Bratwurst bestellt. Magenverstimmung ist nichts Angenehmes! Ihr müsst mich entschuldigen, wenn ich etwas zu langatmig erzählt habe. Aber es gehört nun einfach zu meinem verlängerten Strahlerwochenende. Punkt 9 Uhr standen wir in Werner Schmids Laden. Wow! Diese Kristalle! Einer schöner als der andere! Werner war nicht anwesend. Seine Frau oder Lebenspartnerin war dort. Alles wurde bestaunt und begutachtet. Ja, sämtliche Kristalle und Mineralien sind nur von Werner Schmid! Mit Garantie ist kein einziges Exponat aus zweiter Hand! Garantiert! Einige wundervoll verheilte, megagrosse Kristallsplitter von einigen Kilos zogen mich in ihren Bann und lenkten meinen Blick auf sich! Dieser Glanz! Dieser Formenreichtum! Schöne Hämatitrosen und Stufen von Adularen und vieles mehr. Thomas erlaubte Joel, sich etwas zu kaufen. Er fand eine recht hübsche, kleine Rauchquarzstufe. Ja und ich? Ich hielt schon seit längerer Zeit einen der besagten, wunderschön verheilten hellen Rauchquarzsplitter in Händen, drehte und wendete ihn. Ein Prachtsexemplar, wahrlich! So kam ich nicht umhin, ihn mir zu gönnen. Ich musste diesen haben! «wo ist der nächste Bancomat?», fragte ich Werners Frau.

Thomas und Sohn Joel haben sich von mir verabschiedet und sind nach Hause gefahren.

Kleiner Fund von Joel am Grimselsee auf dem Weg nach Hause

Als ich mich satt gesehen hatte an den vielen schönen Kristallen und Mineralien, verabschiedete auch ich mich von Werners Frau. So fuhr ich wieder - statt über den Lötschberg - über die Grimsel. Auf der Passhöhe hatte es noch üppige Schneemassen, die nun endlich dahischmelzen wollten. Auf der ganzen Route kam ich gut voran. Zurück, über den Brünig, Luzern, Sursee, Willisau, Huttwil erreichte ich Grossdietwil. Ende gut, alles gut!

Dieser Erlebnisbericht wurde in der Zeitschrift "Mineralienfreund" Ausgabe 04 / 2014 publiziert. Veröffentlichung mit freundlicher Erlaubnis des Verfassers.



22./23. Juli 2008: Vater- und Sohn-Tage auf der Furka

Markus Hunziker Pfäffikon ZH

Die Tage, auf die wir lange gewartet haben, sind da. Die Spitzeisen und Meissel sind geschärft und der Strahlstock gerichtet. Am ersten Tag erkunden wir den Blauberg und klettern ein Couloir hoch, wo wir gleich zwei Stellen entdecken, für die wir aber Akkuschlagbohrmaschine und Treibkeile benötigen würden - chancenlos mit unserem Werkzeug. Wir versuchen es trotzdem, bringen auch einige Zinggen weg und geniessen die Aussicht. Am Abend steigen wir ab und treffen beim Parkplatz Strahlerkollegen, die am Furkahorn waren. Sie haben tatsächlich eine Kluft geöffnet und freuen sich über einige tolle Stufen. Wir spüren, wie Neid aufsteigt, den wir innerlich bekämpfen. Wir freuen uns mit ihnen über ihren Fund und nehmen ihren Wunsch, dass wir morgen fündig werden, mit. Den Abend verbringen wir mit Gesprächen «unter Männern».

Kaum zu glauben, aber diesmal habe ich die Gaskartusche nicht vergessen - die Ravioli schmecken wunderbar. Was mich besonders freut ist, dass mir mein Sohn "Lernfähigkeit" attestiert.

Am nächsten Tage steigen wir an unsere Felsflanke auf, die wir unterdessen schon fast wie unsere Hosentasche kennen. Bei unserer alten Kluft von 2006 beginne ich rund herum den Schutt abzutragen. Etwas unterhalb der Bank stelle ich fest, dass sich dort andeutungsweise eine weitere Bank zeigt. Nachdem wir die Deckplatte weggestemmt haben, werden schon erste Spitzen sichtbar. Während der nächsten Stunden sind wir beschäftigt. Direkt unterhalb der alten Kluft war eine weitere, die durch eine ca. 40cm starke Gesteinsschicht getrennt war.

Tolle Gruppen und spitze Einzelkristalle kommen hervor. Ziemlich gegen den Schluss gelingt es uns sogar, einen gegen 15 kg schweren Felsblock wegzustemmen, in dessen Falte eine Quarzgruppe eingewachsen ist. Der Rest der Fläche ist mit Periklin übersät. Einige kleine Anatase sowie vereinzelte Hämatitplättchen runden das Ganze ab. Weiter sind zwei tolle Handstufen Teil der Ausbeute. Alle Kristalle haben einen tollen Glanz und perfekte Flächen. Vereinzelt sind sie vom Eis etwas beschädigt, lagen sie doch sehr dicht ineinander.

Gegen Abend haben wir soweit abgebaut, dass wir nur mit schwerem Werkzeug weiterkommen würden. Erfahrungsgemäss werden dabei jeweils viele Kristalle zerstört. Der Moment ist gekommen, um die Kluft ein weiteres Jahr der Erosion zu überlassen. Wir packen die Rucksäcke und steigen beide mit sehr viel Gewicht auf dem Rücken ab. Einige Male müssen wir uns hinsetzen. Als wir absteigen, finden wir in einem Couloir unterhalb einer Stelle, die mich schon seit Jahren immer wieder beschäftigt, einen tollen Zwilling.

Während des Abstiegs kommt uns ein alter Strahler entgegen. Unsere schweren Rucksäcke entgehen ihm nicht. Auf die Frage, ob wir etwas gefunden haben, antwortet Dani mit riesen Smile "nicht viel", was den erfahrenen Strahler angesichts der Rucksäcke, unter denen wir fast zusammenbrechen, zum Schmunzeln bringt. "Pokerface" lächelt er, und geht weiter.

Auf der Passhöhe angekommen denke ich an die beiden Strahlerkollegen, die uns Glück gewünscht haben. Lange machen wir hin und her, ob wir noch einen Tag bleiben sollen. Wir entschliessen uns aber heimzukehren, können wir es doch kaum erwarten, die Stufen zu reinigen und der Familie zu zeigen. Natürlich feiern wir diesen Tag mit einem ausgiebigen Nachtessen.

Zu Hause sind natürlich sofort alle Nachbarskinder und unsere Familien auf Platz. Sie staunen über unseren Fund. Alle dürfen einige Zinggen mit nach Hause nehmen. Die Freude ist gross - und unsere nächste Kluft kommt bestimmt!



Markus Hunziker, Jahrgang 1961, Pfäffikon ZH, ist Sozialwissenschafter und arbeitet im Bildungsbereich. Nach einer Pause von 20 Jahren erlaubt ihm seine Frau das Strahlen wieder weil Sohn Dani ebenfalls Feuer gefangen hat und Jugendförderung ja wichtig ist.


Dieser Erlebnisbericht wurde in der Zeitschrift  "Mineralienfreund" Ausgabe 04 / 2006 publiziert.


Mein Anziehungspunkt - die Göscheneralp

Heinz Wahrenberger Stäfa ZH

Die Göscheneralp hatte für mich schon eine gewisse Anziehungskraft, als ich noch nichts von Mineralien wusste. Ursprünglich war es die herrliche Bergwelt mit der imposanten Kulisse der Dammakette, die mich faszinierte, sowie die umliegenden SAC-Hütten, die zum wunderbaren Bergwandern einluden. Später war es nebst den Kristallen eine Serviertochter im Berggasthaus, die mich immer wieder in die Gegend lockte. Heute sind wir bereits zehn Jahre verheiratet, und ich darf wohl sagen, dass ich damals meinen schönsten und grössten Fund gemacht habe. Meiner Frau verdanke ich auch einen schönen Rauchquarzfund.

Dammagletscher Mitte der 1970 er Jahre

Es begann 1974 auf einer Bergtour, als sie am Lochberg eine besonders schöne Stelle für unsere Mittagsrast fand. Da sie mich früher schon einmal auf diese Art zu einer Kluft geführt hatte, suchte ich auch hier die Umgebung ab. In einer alten Kluft fand ich dann auch unter Moosbedeckung einen 600 Gramm schweren Pyritkristall.

Erst zwei Jahre später besuchte ich diese Stelle wieder, in der Hoffnung, dass ich weiter hinten noch etwas finden könne. Nach mehrstündiger Spitzarbeit, auf dem Bauch liegend, war es endlich soweit - ein Hohlraum öffnete sich. Ein sorgfältiger Griff hinein und ich wusste, dass mich mein Gefühl nicht getäuscht hatte. Im Schein der Taschenlampe erkannte ich, dass die Decke über grosse Fläche leer war, die Natur hatte hier schon Vorarbeit geleistet. Die Rauchquarze lagen alle auf dem Kluftboden im Chlorit eingebettet.

Blick in die Kluft

In der Folge war es ein herrliches Gefühl, so hineinzugreifen und ein Stück nach dem anderen ans Tageslicht zu befördern. Selten hatte ich meinen Rucksack so schnell gefüllt. Der Anfang war vielversprechend, war doch bereits auch schon ein Gwindel dabei.

Schöne Auslegeordnung

Leider war die Natur nicht der sorgfältigste Strahler, und manche Spitzen oder Kanten zeigten nach dem Waschen Schönheitsfehler. Die Hauptsache aber war, dass ich wieder eine Kluft hatte, wo ich meine freien Samstage verbringen und dem schönen Hobby frönen konnte. Am Sonntag vergnügte ich mich jeweils vor dem Haus mit dem Reinigen der Fundstücke, und wie es dann eben so ist, interessieren sich auch Nachbarn für meine Tätigkeit. In Bruno, meinem neuen Nachbarn, fand ich dann auch einen Begleiter, der mit Rat und Tat bei der weiteren Bearbeitung der Kluft geholfen hat.

Die Rauchquarz - Kluft am Lochberg

Blauberg

Rauchquarz - Gwindel aus der Lochberg - Kluft.  (Sammlung und Foto: H. Wahrenberger)


Dass uns diese Kluft vier Jahre beschäftigen würde, dachte wohl keiner von uns. Um an die ersten Stufen zu gelangen, mussten wir einige Tage Schwerarbeit verrichten. Weil die Kluft am Anfang nur ca. 20 cm hach war, bearbeiteten wir den Boden, um etwas Höhe zu gewinnen. Die Kristalle am Boden waren in hartem Chloritsand eingepackt und nur wenige waren brauchbar. Die schönsten Stufen an der Decke waren fest mit dem Gestein verwachsen. So kam schliesslich der Tag, an dem die Spaltkeile keine Risse mehr fanden. Mit herkömmlichen Mitteln war also nicht mehr ans Ziel zu kommen. Ich löste für die nächsten zwei Jahre ein Sprengpatent. Wir versuchten in kleinen Schritten zu den Stufen zu gelangen. Mit Kreuzmeisseln schlugen wir ca. 15 cm tiefe Löcher in den Fels. Mit ein wenig Sprengstoff rissen wir den Fels an und konnten so Stufe für Stufe lösen. Im Jahre 1979 liefen Decke und Boden immer mehr zusammen und das Ende der Kluft war erreicht. Ausgebeutet ist die Kluft heute 5 Meter tief. Vier Jahre Arbeit, mit viel Mühe und Schweiss, liegen hinter uns. Die zerschundenen Finger sind längst verheilt, die geschwollenen Handrücken vergessen, und wir freuen uns täglich an den schönen Stufen in unseren Sammlungen. Die ganze Ausbeute umfasste diverse Einzelspitzen sowie 7 Gwindel, wovon zwei auf Muttergestein aufgewachsen sind. Diverse Stüfchen und Stufen, die grösste mit 35 x 20 cm, konnten noch geborgen werden. Als Begleitmineral war wenig Adular anzutreffen. Auf einem einzelnen Stüfchen fand ich einige chloritisierte Milarite mit einer Länge von 5 mm.

Super Stufe

Sicher hätte ein Profi kaum Interesse an unserer Kluft gezeigt und er wäre dabei auch nicht reich geworden. Wir aber wurden durch schöne Erlebnisse in der herrlichen Bergweltgenügend entschädigt. Auch die diversen zerbrochenen Hammerstiele, Keile und Spitzeisen können wir verschmerzen, mit Verlust muss eben gerechnet werden. Was mich persönlich aber etwas traurig stimmt, ist der Verlust eines Biwakzeltes, das mir wahrscheinlich ein «lieber Kollege» aus dem Versteck entwendet hat. In der langen Zeit wurde unsere Kluft nur einmal von einem fremden Strahler bearbeitet. Diesem «Strahlerfeund» vom Vierwaldstättersee (er hat sogar eine Visitenkarte zurückgelassen), möchte ich noch danken, dass er uns die 50 kg schwere Stufe aus der Kluft geschafft hat. Für das nächste Mal möchte ich ihm doch noch einen Tipp geben! Er soll doch seinen Strahlstock wieder einmal zuspitzen, damit seine Abdrücke rund um die Kluft nicht sofort erkannt werden!

Dieser Erlebnisbericht wurde in der Zeitschrift "Mineralienfreund" Ausgabe 03 / 1983 publiziert. Veröffentlichung mit freundlicher Erlaubnis des Verfassers.