Rosafarbene Apatite vom Hintertal,       Calanda GR

Richard Meyer Wetzikon ZH

Im Frühling 2007 fanden Strahlerfreunde und ich an einer längst bekannten und dementsprechend gut abgesuchten Stelle Bergkristall-Adulargruppen mit schönen rosa Apatiten.

Diese Entdeckung bestätigt uns einmal mehr, dass mit Glück, guter Beobachtung und Hartnäckigkeit an scheinbar ausgebeuteten Stellen immer noch schöne Funde möglich sind.

Beim Studieren des Standardwerkes von Parker et al. (1973) war mir wiederholt die Lokalität Hintertal in der Gemeinde Untervaz GR aufgefallen-einer der wenigen Orte, an denen heute das Strahlen am Calanda nicht verboten ist.

Meine Neugierde war geweckt und so begleitete mich im Frühling 1998 mein Strahlergötti Manfred zum ersten Mal an die Fundstelle, an der in den siebziger Jahren bereits sein Vater schöne Bergkristalle finden konnte.

Anfängerglück

Die Fundstelle umfasst einen kleinen, rund 20 Meter grossen Aufschluss im Sandkalk und ist schon von weitem aufgrund einer grossen Schutthalde auszumachen. Vor Ort stellte sich Ernüchterung ein: Um an die fündigen Quarzbänder zu gelangen, wurde früher massiv Fels abgebaut, vermutlich auch gesprengt. So sind praktisch keine vielversprechenden Felspartien mehr übrig, an denen wir unsere Meissel ansetzen konnten. Mit viel Fleiss gelang es uns dennoch, ein paar Bergkristallspitzchen zu bergen.

Parker et al. beschreiben Bergkristall, Brookit, rosa Apatit und Anatas. Daher suchte ich die Halde ab und fand tatsächlich eine schöne Handstufe mit Brookiten: Anfängerglück! Meine Freude ist gross, auch Manfred staunt! Die gut 1 cm grossen Kristalle sind im Laufe der Zeit aus einer limonitisierten Masse herausgewittert und grösstenteils unversehrt. Dank dieser Verpackung wurden sie vermutlich übersehen und überlebten den jahrzehntelangen Aufenthalt im Geröll.

Durststrecke

Motiviert durch diesen Fund kehrte ich in den folgenden Jahren immer mal wieder ins Hintertal zurück. Weitere Funde bleiben aber aus. Einzig der Nachweis von winzigen, schwarzen Anatasen und verblassten, gelblichen Apatiten sind aus der Halde möglich.

Proviantsack sei Dank

Im Frühling 2006 besuchten Michi und ich wieder die Fundstelle. Dieses Mal hatte ich die Rolle des Strahlergöttis inne. Mittlerweilen ist es schwierig geworden auch nur ein Quarzspitzchen zu finden. Wir genossen daher vor allem die tolle Aussicht und die Sonne.

Beim Mittagessen machte sich mein Proviantsack selbständig und rollte das Wiesenbord hinunter. Murrend holte ich den Sack. Beim Rückweg fiel mir zwischen den Grashalmen ein kleiner Bergkristall auf. Sofort sind meine Sinne wieder hellwach. Woher kommt er? Ist er von den bearbeiteten Felsen hierher gerutscht? Nein, das ist nicht möglich, diese Stelle liegt nicht in der Falllinie. Ich holte mein Werkzeug und begann zu graben. Kaum waren die ersten Rasenziegel abgedeckt, zeigte sich ein schön kristallisiertes, ca. 10 cm breites Quarzband. Eifrig gruben wir nun gemeinsam das Band auf einer Länge von zwei Metern aus. Trotz der vielversprechenden Kristallisation fanden wir leider nur kleine Klufttaschen im Band, in denen aber die ganze von Parker et al. beschriebene Paragenese an Mineralien vorhanden ist: Kleine, schöne Anatase bis knapp 3 mm, Nachweise von rosafarbenen Apatiten und Brookit, sowie ein hochglänzendes Grüppchen mit, durch Chlorit grün gefärbten, Bergkristall.

Auf dem Weg zur Fundstelle

Weitere Kristalle unter dem Gras

Im Spätherbst 2006 war ich erneut, dieses Mal mit Remo an der Stelle. Wir wollten prüfen, ob der Regen noch etwas aus dem Kluftabraum vom Frühlingsfund herausgespült hat. Dabei fiel uns auf, dass das ausgegrabene Band eine unscheinbare, kleine Terrasse im Wiesenbord bildet. Vier Meter weiter unten entdeckten wir nochmals die gleiche Geländeausprägung. Wir gruben dort und fanden tatsächlich wiederum ein Band! Auch dieses ist gut kristallisiert, enthält wiederum nur kleine Taschen, die aber regelmässig kleine rosa Apatite auf Quarz enthalten! Ist da aber nicht zwei Meter weiter oben nochmals ein leichter Knick im Hang?

Aller guten Dinge sind drei

Im Frühling 2007 waren wir zu dritt zurück. Unsere Beobachtung vom Vorjahr erwies sich als richtig! Wieder fanden wir ein Quarzband! Nach einer Stunde stossen wir auf eine verheissungsvolle Kluft. Unsere Freude ist gross: Obwohl die Kluft voller Lehm ist, können wir schon beim Bergen der besten Schwimmerstufe zwischen den Quarzspitzen und Adularen einen grossen Rosa-Apatit ausmachen. Was für eine tolle Gruppe! Es handelt sich um eine rund 16 cm grosse, rundherum kristallisierte Schwimmerstufe aus hellen, unversehrten Bergkristallen, die von weissen Adularen übersät sind. Dazwischen stecken kleine bis 8 mm grosse, rosafarbene Apatite. Und nicht genug, die Kluft schenkt uns noch eine zweite, mit unzähligen kleineren Apatiten bestückte, schöne Sammlungsstufe.

Schwimmerstück: Rosa Apatit auf Quarz mit Adular xx, 16 cm (Sammlung und Foto: Thomas Schüpbach)

Ausschnitt Schwimmerstück (Sammlung Richard Meyer)

Viele Klüfte

Seit diesem Fund kehrten wir sporadisch mit verschiedenen, interessierten und befreundeten Strahlern ins Hintertal zurück. Dabei gelang es immer wieder, mit genügend Grab- und Spitz-Einsatz Klüfte zu öffnen. Es zeigte sich, dass die Klüfte zwar relativ häufig und bilderbuchmässig vorkommen, deren Inhalt aber dann leider oft ein bisschen enttäuschend ausfällt. Die Quarze können durchaus Grössen über 10 cm erreichen, sind dann aber meist etwas milchig. Oft sind die Quarze auch durch Calcit wachstumsbehindert und matt. Schöner Apatit tritt regelmässig auf, ein guter Hinweis dafür ist das Vorhandensein von Kluftchlorit. Viel seltener zu finden sind schöne Anatase, die bis 4 mm gross werden und auch stumpfpyramidal ausgebildet sein können. Bei den Brookiten gelang es uns bis jetzt leider nicht weitere Sammlungsstufen zu bergen.

Blick von der Fundstelle richtung Rheintal

Unscheinbar unter dem Gras

Typische Kluft

Blick in die Kluft mit der besten, noch lehmigen Stufe

Bergfrische Stufe mit rosa Apatit

Nicht farbecht

Wer nun motiviert durch diesen Fundbericht selber sein Glück versuchen will, soll doch beachten, dass die rosa Farbe der Apatite am Sonnenlicht schnell verblasst. Es empfiehlt sich daher, die Fundstücke in einer Schublade aufzubewahren, um deren Schönheit möglichst lang zu erhalten und sich daran freuen zu können.

Gemäss Bächtiger (1966) liegt die Fundstelle im rötlichen Glaukonitsandstein und wird von Parker et al. (1973) gut beschrieben. Es können die drei Titandioxidmodifikationen Anatas, Brookit und Rutil gefunden werden. Die Paragenese umfasst zusätzlich die Mineralien Quarz, Calcit, Adular, Apatit, Siderit, Chlorit und Limonit.

Ausschnitt Schwimmerstück (Sammlung Richard Meyer)

Literaturhinweise:

Bächtiger, K. (1966): Anatas, Brookit und Adular aus der mittleren Kreide des Haldensteiner Calanda. Verhandlungen der Schweizerischen Naturforschenden Gesellschafft 146, S. 148 - 149

Parker et al. (1973): Die Mineralienfunde der Schweizer Alpen, Neubearbeitung durch H.A. Stalder, F. de Quervain, E. Niggli, St. Graeser, Basel Wepf & Co, S. 353

Dieser Erlebnisbericht wurde in der Zeitschrift "Schweizer Strahler" Ausgabe 01 / 2017 publiziert. Veröffentlichung mit freundlicher Erlaubnis des Verfassers.