Mein Anziehungspunkt - die Göscheneralp

Heinz Wahrenberger Stäfa ZH

Die Göscheneralp hatte für mich schon eine gewisse Anziehungskraft, als ich noch nichts von Mineralien wusste. Ursprünglich war es die herrliche Bergwelt mit der imposanten Kulisse der Dammakette, die mich faszinierte, sowie die umliegenden SAC-Hütten, die zum wunderbaren Bergwandern einluden. Später war es nebst den Kristallen eine Serviertochter im Berggasthaus, die mich immer wieder in die Gegend lockte. Heute sind wir bereits zehn Jahre verheiratet, und ich darf wohl sagen, dass ich damals meinen schönsten und grössten Fund gemacht habe. Meiner Frau verdanke ich auch einen schönen Rauchquarzfund.

Dammagletscher Mitte der 1970 er Jahre

Es begann 1974 auf einer Bergtour, als sie am Lochberg eine besonders schöne Stelle für unsere Mittagsrast fand. Da sie mich früher schon einmal auf diese Art zu einer Kluft geführt hatte, suchte ich auch hier die Umgebung ab. In einer alten Kluft fand ich dann auch unter Moosbedeckung einen 600 Gramm schweren Pyritkristall.

Erst zwei Jahre später besuchte ich diese Stelle wieder, in der Hoffnung, dass ich weiter hinten noch etwas finden könne. Nach mehrstündiger Spitzarbeit, auf dem Bauch liegend, war es endlich soweit - ein Hohlraum öffnete sich. Ein sorgfältiger Griff hinein und ich wusste, dass mich mein Gefühl nicht getäuscht hatte. Im Schein der Taschenlampe erkannte ich, dass die Decke über grosse Fläche leer war, die Natur hatte hier schon Vorarbeit geleistet. Die Rauchquarze lagen alle auf dem Kluftboden im Chlorit eingebettet.

Blick in die Kluft

In der Folge war es ein herrliches Gefühl, so hineinzugreifen und ein Stück nach dem anderen ans Tageslicht zu befördern. Selten hatte ich meinen Rucksack so schnell gefüllt. Der Anfang war vielversprechend, war doch bereits auch schon ein Gwindel dabei.

Schöne Auslegeordnung

Leider war die Natur nicht der sorgfältigste Strahler, und manche Spitzen oder Kanten zeigten nach dem Waschen Schönheitsfehler. Die Hauptsache aber war, dass ich wieder eine Kluft hatte, wo ich meine freien Samstage verbringen und dem schönen Hobby frönen konnte. Am Sonntag vergnügte ich mich jeweils vor dem Haus mit dem Reinigen der Fundstücke, und wie es dann eben so ist, interessieren sich auch Nachbarn für meine Tätigkeit. In Bruno, meinem neuen Nachbarn, fand ich dann auch einen Begleiter, der mit Rat und Tat bei der weiteren Bearbeitung der Kluft geholfen hat.

Die Rauchquarz - Kluft am Lochberg

Blauberg

Rauchquarz - Gwindel aus der Lochberg - Kluft.  (Sammlung und Foto: H. Wahrenberger)


Dass uns diese Kluft vier Jahre beschäftigen würde, dachte wohl keiner von uns. Um an die ersten Stufen zu gelangen, mussten wir einige Tage Schwerarbeit verrichten. Weil die Kluft am Anfang nur ca. 20 cm hach war, bearbeiteten wir den Boden, um etwas Höhe zu gewinnen. Die Kristalle am Boden waren in hartem Chloritsand eingepackt und nur wenige waren brauchbar. Die schönsten Stufen an der Decke waren fest mit dem Gestein verwachsen. So kam schliesslich der Tag, an dem die Spaltkeile keine Risse mehr fanden. Mit herkömmlichen Mitteln war also nicht mehr ans Ziel zu kommen. Ich löste für die nächsten zwei Jahre ein Sprengpatent. Wir versuchten in kleinen Schritten zu den Stufen zu gelangen. Mit Kreuzmeisseln schlugen wir ca. 15 cm tiefe Löcher in den Fels. Mit ein wenig Sprengstoff rissen wir den Fels an und konnten so Stufe für Stufe lösen. Im Jahre 1979 liefen Decke und Boden immer mehr zusammen und das Ende der Kluft war erreicht. Ausgebeutet ist die Kluft heute 5 Meter tief. Vier Jahre Arbeit, mit viel Mühe und Schweiss, liegen hinter uns. Die zerschundenen Finger sind längst verheilt, die geschwollenen Handrücken vergessen, und wir freuen uns täglich an den schönen Stufen in unseren Sammlungen. Die ganze Ausbeute umfasste diverse Einzelspitzen sowie 7 Gwindel, wovon zwei auf Muttergestein aufgewachsen sind. Diverse Stüfchen und Stufen, die grösste mit 35 x 20 cm, konnten noch geborgen werden. Als Begleitmineral war wenig Adular anzutreffen. Auf einem einzelnen Stüfchen fand ich einige chloritisierte Milarite mit einer Länge von 5 mm.

Super Stufe

Sicher hätte ein Profi kaum Interesse an unserer Kluft gezeigt und er wäre dabei auch nicht reich geworden. Wir aber wurden durch schöne Erlebnisse in der herrlichen Bergweltgenügend entschädigt. Auch die diversen zerbrochenen Hammerstiele, Keile und Spitzeisen können wir verschmerzen, mit Verlust muss eben gerechnet werden. Was mich persönlich aber etwas traurig stimmt, ist der Verlust eines Biwakzeltes, das mir wahrscheinlich ein «lieber Kollege» aus dem Versteck entwendet hat. In der langen Zeit wurde unsere Kluft nur einmal von einem fremden Strahler bearbeitet. Diesem «Strahlerfeund» vom Vierwaldstättersee (er hat sogar eine Visitenkarte zurückgelassen), möchte ich noch danken, dass er uns die 50 kg schwere Stufe aus der Kluft geschafft hat. Für das nächste Mal möchte ich ihm doch noch einen Tipp geben! Er soll doch seinen Strahlstock wieder einmal zuspitzen, damit seine Abdrücke rund um die Kluft nicht sofort erkannt werden!

Dieser Erlebnisbericht wurde in der Zeitschrift "Mineralienfreund" Ausgabe 03 / 1983 publiziert. Veröffentlichung mit freundlicher Erlaubnis des Verfassers.