Neuer Topasfund aus dem Lugnez

Richard Meyer und Hannes Casutt

Im Jahr 1983 entdeckte H. Luginbühl erstmals Topas im Lugnez, der einzigen bis anhin bekannten Fundstelle aus Zerrklüften in der Schweiz. Im Frühling 2018 gelang es, erneut schöne Topas-Kristalle zu finden. Der Fund ist bemerkenswert, auch wenn dieser bezüglich der Kristallgrösse nicht an den Erstfund herankommt.

Frühlingssuchtouren - Quarz oder Topas?

Rund 15 Jahre sind vergangen seit Remo Zanelli und ich das Gebiet von Riein nach dem Bekanntwerden der Entdeckung von Klufttopasen das erste Mal durchsuchten. Erst erfolglos durchkämmten wir Tobel und steile, mit Gestrüpp überwucherte Hänge. Über die Jahre waren Fadenquärzchen, Calcite, Aragonit- und Gipskristalle, Galenit, Pyrit, verschiedene Sekundärmineralien aus Blei- und Kupfervererzungen und als Seltenheit kleine Roasapatit sowie Sphalerit- und Barytkristalle unser Lohn. In Anbetracht des von Bündnerschiefern dominierten Gebiets eine ganz beachtliche Vielfalt, auch wenn die aufgezählten Mineralien nur in klein ausgebildeten Kristallen vorkommen!

Abb 1: Frühling im Lugnez - mit dem stolzen Piz Terri im Talschluss (Foto: Richard Meyer)

Auf einer dieser Touren entnahm ich aus einer unscheinbaren Kluftfläche an einem grossen Dolomitklotz eine kleine Probe mit winzigen, vermeintlichen Bergkristallen. Sie landete erst in meinem Hosensack, dann unbeachtet auf einer Ablagefläche im Auto und blieb dort ein paar Wochen liegen. Beim Putzen kam sie mir wieder in die Hände. Ich entschied, anstatt sie fortzuwerfen, sie doch mal noch unters Binokular zu legen. Was waren das für Kristalle?! Keine Quarze sondern effektiv Topase mit typisch viereckigem Querschnitt und abgeflachter, pyramidenförmiger Spitze!
Schnell waren wieder bei der Stelle und konnten weitere kleine Proben finden, typischerweise in Gesellschaft mit Dickit, einem weissen tonigen Mineral.

Im Austausch mit dem mittlerweile verstorbenen Entdecker Heini Luginbühl wurde klar, dass wir eine neue Stelle entdeckt hatten. Denn gemäss Heinis Angaben ist sein Fundort vermutlich unwiderruflich verschüttet.
In der Folge besuchten wir das Gebiet und den Felsklotz mit verschiedenen interessierten Strahlerfreunden. Die Stelle war aber leider nicht ergiebig, begrenzte sich auf eine kleine Kluftfläche und liess trotz arbeitsintensivem Abbau keine weiteren Funde zu.

Neufund 2018

Im Frühling 2018 war ich wieder einmal im Gebiet unterwegs, dieses Mal mit den Valser Strahlern Vater und Sohn Walter und Hannes. Am Topasfelsen (vgl. Abb. 3) angekommen, erläuterte ich Hannes ausführlich die genauen Fundumstände und die Paragenese. Dieser Wissenstransfer sollte schon bald Früchte tragen!

Abb 2: Mit Walter und Hannes im Suchgebiet unterwegs (Foto: Richard Meyer)

In der Hoffnung doch nochmals irgendwo Topase zu entdecken, prüften wir auf den folgenden Suchtouren unzählige Dolomitbrocken und -aufschlüsse. Anstatt dem Gesuchten fand Walter Dank seiner Beharrlichkeit an einer mir bekannten Stelle überraschenderweise sehr attraktive Gipskristalle.

Diese äusserst fragilen Stufen liessen sich im Rucksack unmöglich transportieren. Darum kehrte Hannes in der folgenden Woche an einem Abend zur Kluft zurück, um mit einer offenen Tragvorrichtung das empfindliche Fundgut zu holen. Und wie es der Zufall so wollte, prüfte er auf dem Rückweg eine weitere Stelle und ... wurde fündig! Doch lassen wir hier Hannes erzählen: "Nachdem ich mich wieder durch Brombeerstauden und Dickicht gekämpft habe, packe ich die zerbrechlichen Gipskristalle behutsam auf ein "Gabeli". Dann mache ich mich mit meiner kostbaren Ladung auf den beschwerlichen Rückweg. War da nicht noch ein Dolomitaufschluss auf dem Hinweg? Ich beschliesse, diesen noch schnell anzuschauen. An der Stelle angekommen, entdecke ich ein Äderchen mit einem kleinen Kluftspalt. Ich entferne ein bisschen Dreck und spitzte ein Stück von der Kluftfläche weg. Beim Inspizieren des losgelösten Stückes sticht mir ein ca. 4 mm grosser Kristall ins Auge, der nicht wie ein Quarz aussieht. Ist es wo möglich ein Topas? Ich betrachte diesen genauer und bin mir fast sicher; ja es muss ein Topas sein! Ich bin überglücklich und mein erster Gedanke ist, meine Freude mit Richi und Walter zu teilen. Es wird gleich dunkel, schnell mache ich mich auf den Heimweg. Ich bin vor Begeisterung ganz aufgeregt. Zuhause mache ich Fotos und schicke sie Richi. Ich bin mir unterdessen ganz sicher, dass es Topas sein muss, auch wenn er sich erst skeptisch äussert."

Abb 3: Richi und Hannes beim Topasfelsen (Foto: Walter Casutt)

Die Bilder erreichten mich am gleichen Abend. Sollte es Hannes tatsächlich gelungen sein, nach all den Jahren einen neuen Ort gefunden zu haben? Aufgrund der bescheidenen Fotoqualität war ich mir nicht sicher. Als ich das Stück am darauffolgenden Wochenende sah, war aber alles klar, er hatte eine neue Fundstelle entdeckt! An an einem Ort, den ich Jahre zuvor auch geprüft und dabei offenbar die kleinen Topase übersehen hatte.

Hannes, Walter und ich bearbeiteten nun gemeinsam die Fundstelle. Sie liegt in einem Dolomit durchsetzten Bünderschiefer und ist auf wenige Meter begrenzt. Die Topase befinden sich in 5 -15 cm langen, maximal fingerbreiten Kluftsystemen. Meist sind es lose, ein bis acht Millimeter lange abgebrochene Einzelkristalle, die eigentlich immer von Dickit begleitet sind. Teilweise sind die Spalten mit einer brekziösen Topas-Dickit Mischung gefüllt. Ein Hinweis, dass vermutlich nach oder während der Bildung starke Kluftbewegungen stattgefunden haben müssen. Zum Teil kommen auch kleine Berg- und Dolomitkristalle vor. Zudem gibt es Spuren vom Kupfersekundärmineralien. In seltenen Fällen konnten wir die Topase als kleine, wunderschöne Matrixstufen im Zentimeterbereich bergen. Der grösste Kristall misst 8 mm.

Abb 4: Kleinstufe mit Topas, Ausschnitt 1 cm, xx bis 4 mm (Foto: Remo Zanelli)

Abb 5: Kleinstufe mit Topas, Ausschnitt 1.2 cm, xx bis 4 mm (Foto: Remo Zanelli)

abb 6: Stufe mit Topas, Bergkristall und Dolomit, Ausschnitt 2 cm, Topase bis 7 mm (Foto: Remo Zanelli)

Wir freuen uns über einen interessanten, hübschen Fund und ein weiteres tolles Strahlerabenteuer in den herrlichen Bündner Bergen! Wieder einmal zeigte sich, dass es neben Ausdauer, Gespür und Glück oft auch Teamwork braucht, um erfolgreich zu sein!

Andri Mani gilt unser Dank für die Durchsicht des Berichts und Remo Zanelli für das Fotografieren der Kristalle. Auf www.valser-kristallkeller.ch sind weitere Bilder vom Fund zu finden.

Die neue Fundstelle liegt wie auch der Erstfund ebenfalls in tektonisierten und metamorphisierten Dolomitschichten der Trias. Die Kluftparagenese umfasst Topas, Dickit, Bergkristall, Dolomit und sporadisch Glalenit, Cerussit, Azzurit und Malachit. Weitere Mineralien wie von Soom et all (1988) beschrieben, konnten visuell nicht festgestellt werden.

Nebst den Klufttopasen des Lugnez werden im Mineralienlexikon der Schweiz (1998) nur zwei weitere Fundorte beschrieben. Diese Topase kommen aber nur derb gesteinsbildend vor, relativ häufig als farbloses Nebengemengteil bis 3mm Grösse im porphyrischen Vallorcine-Granits des Aiguille-Rouges-Massivs VS, sowie aus dem Aaremassiv als vereinzelte hellgelbe Körner in Aplit- und Pegmatitgängen des Kanderfirnabsturzes BE.

Literaturhinweis:

[1] Soom, M. / Armbruster, Th. / Stalder, H.A (1988): OH-rich topaz from alpine fissures in triassic dolomites near Lugnez, Graubünden (mesozoic cover of Gotthard Massif, Swiss Alps, Schweizerische Mineralogische Petrologische Gesellschaft Mitteilungen 68, S. 141 - 155

[2] Stalder, H.A. / Wagner, A. / Graeser, S. / Stuker, P. (1998): Mineralienlexikon der Schweiz, Verlag Wepf&Co. AG, S. 410 - 411

Dieser Beitrag wurde erstmals in der Zetschrift "Schweizer Strahler" publiziert. Verröffentlichung mit freundlicher Erlaubnis der Verfasser